Afrikas intakte Natur schützen: die wirksamste Maßnahme zur Stärkung der Klimaresilienz

Um Wege zur Abmilderung von Wetterkatastrophen zu finden, müssen wir uns zunächst um das System selbst kümmern, welches das Klima reguliert: die Natur.

Heute sucht die Weltgemeinschaft verzweifelt nach Wegen, um das Ausmaß und die Folgen des Klimawandels einzudämmen. Staats- und Regierungschefs sind in Diskussionen verstrickt und versuchen Lösungen zu finden, die die Menschheit und den Planeten retten können. Die Debatten über die Verringerung der Treibhausgasemissionen, einen gerechten Übergang zu einer globalen Netto-Null-Wirtschaft und darüber, wer dafür bezahlen soll, halten an. Diese Diskussionen sind sehr wichtig. Was jedoch übersehen wird – und was bei allen Versuchen, unsere sich erwärmende Erde zu retten im Vordergrund stehen sollte – ist die Frage, was wir gegen den Verlust der Natur tun.

Die Natur ist der Mechanismus des Planeten, der das Klima reguliert und die Folgen extremer Klimaereignisse abmildert. Doch damit die Natur ihre Wirkung entfalten kann, muss die Biodiversität – also die Vielfalt aller Arten mit all ihren Wechselwirkungen – intakt und voll funktionsfähig sein. So sind beispielsweise im Kongo-Regenwald gesunde Populationen von Bestäubern und von Waldelefanten, die Samen verbreiten und das Unterholz formen, unersetzlich, damit der Wald das Klima durch den Kohlenstoffkreislauf regulieren kann.

Um die globale Erwärmung auf ein absolutes Minimum zu beschränken, müssen wir die noch vorhandenen natürlichen Systeme stabilisieren und schützen und gleichzeitig die Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich senken. Dies sind die direktesten und wirksamsten Klimaschutzmaßnahmen, die uns zur Verfügung stehen.

© Scott Ramsay
Waldelefant im kongolesischen Nationalpark Odzala-Kokoua

Bei einer Weltbevölkerung von mittlerweile acht Milliarden Menschen sind die Auswirkungen extremer Wetterereignisse auf die Menschen heute weitaus größer als vor 90 Jahren, als nur zwei Milliarden auf der Erde lebten. Im gleichen Zeitraum vervierfachte sich unser Verbrauch natürlicher Ressourcen. Dies hat die Produktivität der Natur und ihre Fähigkeit zur Klimaregulierung verringert und unsere Resilienz gegenüber Klima-Ereignissen reduziert. Im Jahr 2022 kam es zum Beispiel in Malawi zu extremen Regenfällen. In den vergangenen Jahrzehnten wurden dort die natürlich vorkommenden Miombo-Wälder, die den Boden schützen und binden, durch Landwirtschaft und Holzkohleproduktion dezimiert. Dies verschärfte die Auswirkungen der ungewöhnlich starken Regenfälle und führte zu verheerenden Überschwemmungen, durch die über 150.000 Menschen vertrieben wurden.

Afrika hat die niedrigsten Pro-Kopf-Treibhausgasemissionen der Welt, ist aber einer der am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffenen Kontinente. Die ärmsten Gemeinschaften Afrikas sind oft machtlos gegenüber extremen Wetterereignissen, wie Dürren und Überschwemmungen. Die daraus folgenden Hungersnöte und unsicheren Lebensgrundlagen sind häufig katastrophal.

Wenn wir Wege finden wollen, diese Katastrophen zu mildern, müssen wir uns zunächst um das System kümmern, das sie reguliert – die Natur.

Die Überschwemmungen in Malawi hatten verheerende Folgen für die Bevölkerung. Wären einige der bestehenden Schutzgebiete nicht effektiv verwaltet und wiederhergestellt worden, hätten diese Überschwemmungen wohl noch katastrophalere Folgen gehabt.

© Marcus Westberg
Schulkinder in Malawi pflanzen Bäume in einem von African Parks unterstützten Öko-Schulprojekt

Die Klimakrise ist eine globale Krise. Was in Afrika geschieht, wirkt sich auf den Rest der Welt aus. Daher ist es unbedingt notwendig, dass die internationale Gemeinschaft dazu beiträgt, den Druck auf den Kontinent zu mindern. Bei dieser Unterstützung sind es jedoch die Menschen in Afrika, die ihre eigenen Herausforderungen und die erforderlichen Lösungen am besten verstehen. Nützliche Investitionen in konkrete Lösungen können nur dann gefunden werden, wenn die am stärksten Betroffenen in die Gestaltung der Lösungen einbezogen werden.

Das Bewusstsein für die Dringlichkeit des Schutzes der biologischen Vielfalt wächst: Die Staats- und Regierungschefs der Welt haben die „Leaders’ Pledge for Nature“ gebilligt, und die G7-Länder haben ihren Wunsch bekundet, eine naturpositive Welt zu schaffen. Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität im großem Maßstab bleiben jedoch weitgehend Lippenbekenntnisse.

Lösungen zum Schutz der Natur müssen mehr sein als Versprechungen oder Empfehlungen. Sie müssen im Mittelpunkt jeder Entscheidung stehen.

Obwohl wir beginnen, die Dringlichkeit dieser Probleme anzuerkennen, wird immer noch unverhältnismäßig viel Wert auf die Renaturierung von Land gelegt – also auf die Wiederherstellung zerstörter Natur, anstatt sie vor der Zerstörung zu schützen. Der Verlust der tropischen Primärwälder hat im Jahr 2020 um 12 % zugenommen. Ein aktiver Eingriff, wie die Waldrenaturierung, kostet schätzungsweise zwischen 125 und 2.400 USD/ha, wobei der Aufwand sehr hoch ist. Im Gegensatz dazu schätzt African Parks die Kosten für das Management von Schutzgebieten auf durchschnittlich 6 USD/ha. Der Schutz der biologischen Vielfalt ist nicht nur kosteneffizienter als die Renaturierung, sondern die Wiederherstellung lebenswichtiger Ökosystemleistungen kann Jahrzehnte, wenn nicht länger dauern. Diesen Zeitluxus hat die Menschheit aber einfach nicht.

In Afrika gibt es über 8.000 ausgewiesene Schutzgebiete. Die meisten von ihnen sind jedoch zu klein oder degradiert, um global bedeutsame Ökosystemleistungen wirksam zu schützen und um die ökologische Resilienz gegenüber dem Klimawandel zu sichern.

Vor diesem Hintergrund führte African Parks im Jahr 2020 eine Analyse des afrikanischen Schutzgebietsnetzes durch. Unter Berücksichtigung der Größe der Gebiete, der Unversehrtheit der Habitate und der Stärke ihrer rechtlichen Sicherung wurden 161 Schutzgebiete als „Ankergebiete“ ermittelt. Sie beherbergen eine bedeutende biologische Vielfalt, binden Kohlenstoff, sorgen für saubere Luft und sauberes Wasser und gewährleisten die Ernährungssicherheit der Menschen.

© Steve Lorenz Fischer
Ein Fischer im Bangweulu-Feuchtgebiet in Sambia, das seit 2008 von African Parks verwaltet wird

Diese 161 Ankergebiete stellen zwar nur einen kleinen Anteil an der Zahl der Schutzgebiete dar, sie machen aber fast ein Viertel der geschützten Fläche in Afrika aus. Außerdem repräsentieren sie 85 % der Ökoregionen Afrikas und deren einzigartige biologische Vielfalt. Wenn diese Gebiete wirksam verwaltet werden, können sie die Grundlage für die Schutz- und Renaturierungsbemühungen in der breiteren Landschaft bilden und funktionierende Ökosystemleistungen und Stabilität bieten, von denen die Gemeinschaften profitieren können. Dieser ganzheitliche Ansatz, der sich auf diese „Ankergebiete“ konzentriert, könnte das Rückgrat der afrikanischen Strategie bilden, indem bis zu 15 % des Kontinents für die Natur reserviert werden und die Klimaresilienz einiger der am stärksten gefährdeten Gemeinschaften der Erde gestärkt wird.

Die Analyse von African Parks zeigte, dass nur 40 % der 161 Schutzgebiete über angemessene Ressourcen verfügen und im Hinblick auf eine langfristige Nachhaltigkeit verwaltet werden. Die übrigen Gebiete benötigen dringend Aufmerksamkeit, um die Bedrohungen für die Biodiversität zu beseitigen, wie z. B. die Degradierung der Lebensräume und der Artenverlust. Diese Aufgabe kann bewältigt werden, wenn sich die lokalen Regierungen, die Gemeinden und die globalen Partner engagieren.

Ein effektives Management und finanzielle Unterstützung zum Schutz der Biodiversität liegt in der gemeinsamen Verantwortung von Regierungen, lokalen Gemeinschaften, Managementorganisationen, Geberorganisationen und dem privaten Sektor. Damit diese gemeinsame Verpflichtung erfolgreich sein kann, ist eine klare und kollektive Verantwortlichkeit für die Ergebnisse vor Ort entscheidend.

Als globale Gemeinschaft haben wir das natürliche Kapital der Welt in Anspruch genommen und seine Fähigkeit, das Leben auf der Erde zu erhalten, stark beeinträchtigt. Unsere Probleme sind eskaliert und deshalb müssen auch unsere Lösungen eskaliert sein. Auch wenn die Schaffung eines stabilen und vorhersehbaren Klimas in diesem Leben vielleicht nicht mehr möglich ist, müssen wir die Ursachen des Problems grundlegend angehen: den unzureichenden Schutz der natürlichen Systeme. Gleichzeitig müssen wir sozioökonomische Stabilität gewährleisten, um den verletztlichsten Gemeinschaften der Welt die nötige Widerstandskraft zu geben, um diese kritische Phase in der Geschichte unseres Planeten zu überstehen.

 

Peter Fearnhead,
CEO, African Parks

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